Aktuell befinden wir uns im Aktionsjahr zum Nachsynodalen Schreiben Amoris laetitia. Papst Franziskus hat dieses ins Leben gerufen, um die Inhalte dieses Schreibens über die Liebe in der Familie breiter bekannt zu machen und reichere Frucht tragen zu lassen. Auf diesen Wunsch möchte ich heute im Rahmen dieses Blogs eingehen. An mehreren Stellen kommt der Papst in diesem Schreiben direkt oder indirekt auf das Thema einer ganzheitlichen Ökologie zu sprechen. Heute möchte ich einen Blick auf Nr. 285 werfen, wo er gleich zweimal aus seiner Enzyklika „Laudato si“ zitiert, konkret: der Nummer 155 im vierten Kapitel mit der Überschrift „Eine ganzheitliche Ökologie“.
2 zentrale Aussagen in Amoris laetitia 285
Im Zentrum von Amoris laetitia 285 stehen zwei, für den Papst miteinander verknüpfte, Gedanken:
- die Annahme und Wertschätzung der Verschiedenheit und
- die Akzeptanz des eigenen Körpers (so wie er geschaffen wurde).
Der Papst warnt vor einer Angst vor der Verschiedenheit, die einen gefangen hält in der Selbstverliebtheit. Diese Angst vor der Verschiedenheit äußert sich in einem Streben danach, den Unterschied zwischen den Geschlechtern auszulöschen, „weil man sich nicht mehr damit auseinanderzusetzen versteht“, wie er sowohl in Laudato si als auch in Amoris laetitia schreibt. Seine Wurzel aber hat diese Angst letztlich darin, den eigenen Köper nicht akzeptieren zu können. Die Nicht-Annahme des Eigenen (hier: Körpers) führt zum Nicht-Verstehen des Anderen und dies zum Wunsch, den Unterschied zwischen dem Eigenen und dem Anderen (hier: Geschlecht) auszulöschen. Die Ablehnung des Eigenen führt zur Ablehnung des Anderen, das – da unverstanden – vom schlicht Anderen zum – vermeintlich schlechten – Fremden wird. Eine Logik, die sich wohl nicht allein auf den Bereich der Geschlechtlichkeit beschränkt.

Hinter dem Wunsch nach Auslöschung steht aber das Streben nach Kontrolle, der Wille zur Macht. Es ist der Weg der Gewalt. Daher warnt der Papst auch folgerichtig davor, dass die Nicht-Annahme des eigenen Körpers in „eine Logik der Herrschaft über den eigenen Körper“ mündet, die hier aber nicht Halt macht, sondern im Letzten zu einer „Logik der Herrschaft über die Schöpfung“ führt. Dies ist das von ihm kritisierte „technokratische Paradigma“.
Wie im Kleinen der Einzelne sich als Subjekt seinem Körper als etwas Formlosen gegenüber befindet, „das seiner Manipulation völlig zur Verfügung steht“, so im Großen die menschliche Gesellschaft der Schöpfung mit ihrer Artenvielfalt, ihren Regenwäldern, Eisgletschern und ihrem Klima. Die Schöpfung wird bis zum Geht-nicht-mehr ausgebeutet, vergewaltigt und zerstört – genauso wie der Einzelne seinen Körper, das heißt doch: sich selbst, mit Hormonen vollstopft und chirurgisch verstümmelt. Die Auswirkungen dieses Verhaltens gegenüber der Umwelt spüren wir mehr und mehr und es drängt sich die Frage auf, ob wir zur Umkehr überhaupt bereit sind. Auch im gesellschaftlichen Bereich erleben wir eine immer größere Intoleranz – ob Cancel Culture von links oder Ausländerfeindlichkeit von rechts.

Die Annahme und Wertschätzung der Verschiedenheit – im zwischenmenschlichen wie im gesellschaftlichen Bereich wie auch der Schutz der Umwelt – verlangt aber, so Papst Franziskus, zuallererst die Akzeptanz des eigenen Körpers. Hier wird die „Logik der Herrschaft“ in unserem Inneren durchbrochen und durch eine „Logik der Liebe“ ersetzt, die ausgehend von unserem Inneren dann auch unser Verhalten gegenüber unseren Mitmenschen und gegenüber der Umwelt verändern kann. Erst „die Wertschätzung des eigenen Körpers in seiner Weiblichkeit oder Männlichkeit“, so der Papst weiter, sowohl in Laudato si als auch in Amoris laetitia, macht es schließlich auch möglich, „in der Begegnung mit dem anderen Geschlecht sich selbst zu erkennen“.
Sexualerziehung – und das ist der eigentliche Kontext, in dem wir uns in Amoris laetita 285 bewegen – muss daher den Kindern und Jugendlichen helfen, ihren eigenen Körper – gerade auch in seiner Weiblichkeit oder Männlichkeit – wertzuschätzen und anzunehmen; muss ihnen vermitteln: Du bist wirklich gut, wie Du bist. Das Klima und die Umwelt im Ganzen wird es uns danken.