...im Einklang mit der ganzen Schöpfung...
Die negative Theologie birgt – jedenfalls für uns moderne Menschen des Westens – eine subtile Gefahr, nämlich jene eines verkappten Deismus. Die Gefahr besteht darin, Gott mit Verweis auf seine Unerkennbarkeit quasi aus unserer Welt zu verbannen und für uns und unser Leben irrelevant zu erklären („Wer kann schon sagen, wie Gott ist oder was er will!“). In Wahrheit ist das aber keine negative Theologie.
Wie bei Duns Scotus wird auch hier Gott ein bestimmter Bereich zugewiesen, auf den er beschränkt, begrenzt ist.
Der Unterschied zu Duns Scotus besteht lediglich darin, dass dieser Bereich kein gemeinsamer mit den Menschen ist – die Superkategorie Sein – sondern ein von den Menschen getrennter Bereich: Gott wird beschränkt auf den Himmel, das Jenseits oder die Transzendenz, während bzw. sodass wir die sichtbare bzw. sinnlich wahrnehmbare Welt als unseren (Gestaltungs- und Macht)Bereich besitzen können, über den wir – im Gegensatz zu Gott – ja durchaus Aussagen machen können.
Es geht letztlich darum, Gott auf Abstand zu halten und so unter Kontrolle zu bringen. Doch auch das ist nicht der lebendige Gott, sondern ein Götze, ein menschengemachtes Bild im Sinne von Exodus 20,4.
Der Fehler besteht darin, daraus, dass es für uns Menschen zu Gott hin eine unüberbrückbare Barriere gibt, zu schließen, dass umgekehrt auch eine solche Barriere für Gott zu uns Menschen bestünde.
Das besagt die negative Theologie aber gerade nicht oder doch zumindest nicht notwendigerweise. Demgegenüber hat christliche Lehre und Spiritualität stets festgehalten, dass Gott nicht nur in der Lage ist, sich uns zu offenbaren, sondern dies auch tatsächlich getan hat und noch immer tut.
Daraus folgt, die Offenbarung Gottes an uns Menschen ernstzunehmen und zuerst offenbart sich Gott uns Menschen durch seine Schöpfung (vgl. Röm. 1,19f). Das heißt: Durch die Beobachtung der Natur können wir zu einer Begegnung mit Gott geführt werden. Die Ordnung in der Natur zeigt uns seine Weisheit, die Schönheit in der Natur offenbart uns seinen Geist und die Fülle und der Überfluss in ihr seine Güte.
Eine authentische Naturverbundenheit – die nicht die Natur selbst mit Gott verwechselt – fördert also die Verbundenheit mit Gott.
Der zweite Schritt hin zu einer Spiritualität einer ganzheitlichen Ökologie besteht daher darin, Gott in seiner Schöpfung zu begegnen.

Das hat Rückwirkungen auf unser Verhältnis zur Natur. Wenn wir die Natur als Medium Gottes erkennen, werden wir ihr mit anderer Achtung begegnen als wenn wir in ihr nur eine letztlich zufällige Ansammlung von Atomen sehen, die wir nach eigenem Belieben neu konfigurieren können.
Wir werden auch die Natur nicht als herrenlos ansehen, die nur darauf wartet, von uns in Besitz genommen und unseren Absichten zugeführt zu werden. Wir werden vielmehr Gott als ihren eigentlichen Eigentümer anerkennen und das heißt eben auch pfleglich und sorgsam mit dem fremden Eigentum umgehen, das uns nur auf Zeit anvertraut wurde und von dem wir wissen, dass wir einmal dafür Rechenschaft ablegen werden.
Vor allem werden wir berücksichtigen, dass uns dieses fremde Eigentum nicht persönlich anvertraut wurde, sondern der Gemeinschaft der Menschen als Ganzer, so dass wir nicht mehr für uns zurückbehalten werden als wir vernünftigerweise brauchen und bereitwillig mit jenen teilen werden, die weniger haben als wir oder sogar Not leiden.
genügsamer und solidarischer Umgang mit den Güter der Schöpfung
Der dritte Schritt hin zu einer Spiritualität einer ganzheitlichen Ökologie besteht also in einem genügsamen und von Solidarität geprägten Umgang mit den Gütern der Schöpfung.[1]Laudato si Nr. 222-225
Hierzu gehört auch Gott für das zu danken, was wir uns nicht selbst verschaffen konnten, sondern immer bereits vorfinden[2]Laudato si Nr. 220 – individuell wie kollektiv, Bedingungen und Voraussetzungen, die unser Leben und Gedeihen überhaupt erst ermöglichen wie die Luft, die wir atmen.
Traditionelle Formen wie das Tischgebet[3]Laudato si Nr. 227 oder jährlich wiederkehrende Erntedankfestfeiern können hier neben neuere Formen treten, welche die menschliche, gottgebene Kreativität hervorbringt.
Hierbei geht es um die Einübung einer Haltung der Dankbarkeit, in welcher wir anerkennen, dass wir fundamental und vor jeder Leistung, vor jedem Verdienst Beschenkte sind und dass wir als Menschheit als Ganzes kein Recht, keinen einklagbaren Anspruch auf dieses Geschenk, diese Gabe haben.
Das beinhaltet auch das Beschenktwerden und Weiterschenken als Grundgesetz unserer Existenz anzuerkennen und zum Grundmuster unserer sozialen Beziehungen und unserer sozialen Praxis zu machen – und nicht etwa den Tausch, wie wir auch das Leben als Geschenk empfangen haben, um es weiterzuschenken.
Der vierte Schritt hin zu einer Spiritualität einer ganzheitlichen Ökologie besteht demnach in einer Praxis des Beschenktwerdens, Danksagens und (Weiter)Schenkens, nicht zuletzt des Lebens selbst. Und natürlich gehört hierzu auch die Freude über den Geber und seine Gabe. (Das griech. Wort eucharistein, das sich in der Eucharistiefeier wiederfindet, bedeutet übersetzt „danksagen“.)[4]Laudato si Nr. 236
References[+]
↑1 | Laudato si Nr. 222-225 |
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↑2 | Laudato si Nr. 220 |
↑3 | Laudato si Nr. 227 |
↑4 | Laudato si Nr. 236 |