Pro Life – Whole Life

Pro Life für das ganze Leben. Die ganzheitliche Ökologie erfordert eine konsequente Lebensethik.[1]vgl. „Da alles in Beziehung steht, ist die Verteidigung der Natur auch nicht mit der Rechtfertigung der Abtreibung vereinbar. Ein erzieherischer Weg, die Schwachen anzunehmen, die uns umgeben … Continue reading Kennzeichen einer konsequenten Lebensethik ist, dass sie das ganze menschliche Leben als schützenswert ansieht – von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod und alles dazwischen. Die konsequente Lebensethik unterscheidet sich damit von anderen, inkonsequenten, Ansätzen, die nur einzelne Phasen des menschlichen Lebens als schützenswert ansehen.

Hierbei wird von der Würde des Menschen ausgegangen, die nicht an zufällige äußere Eigenschaften wie Herkunft, Alter oder Geschlecht gekoppelt ist.

Whole Life

Neben den klassischen Themen der Pro-Life-Bewegung wie Abtreibung, Euthanasie und assistierter Selbstmord blickt der Whole-Life-Ansatz auch auf Themen wie künstliche Befruchtung, vorgeburtliche Selektion via Präimplantationsdiagnostik oder die Forschung an von getöteten Ungeborenen gewonnenen Stammzellen („embryonale Stammzellenforschung“).

Konsequente Lebensethik bezieht aber auch eine Wirtschaft ein, die tötet, Krieg, Gewalt und Vertreibung sowie – jenseits menschlichen Lebens – das Artensterben.

Speziell die zuletzt genannten Bereiche sind allerdings so komplex, dass sie – wiewohl sie inhaltlich zum Thema Whole Life gehören – in eigenen Bereichen behandelt werden müssen.

Kultur des Schenkens als Fundament von whole life

Kern und Herz des Whole-Life-Ansatzes ist der Aufbau einer Kultur des Lebens, einer Zivilisation der Liebe, die erfüllt und getragen ist von einem Geist des Schenkens. Solange wir uns primär als losgelöste Individuen begreifen, werden wir immer dazu neigen, im anderen den Konkurrenten, den Fremden, die Bedrohung zu sehen, gegen die Gewalt zulässig ist – sei es das Kind im eigenen Bauch oder der Migrant auf der Straße.

Stattdessen braucht es die Wiederentdeckung unserer ursprünglichen Verbundenheit. Denn: Alles ist miteinander verbunden. Wir sind keine lose Ansammlung von Atomen, auch keine amorphe Masse, die sich nach Belieben aufteilen und wieder zusammenfügen liese. Stattdessen bilden wir ein dichtes Netz von Beziehungen und Gemeinschaften. In diesem Netz empfangen wir vom ersten Moment unserer Existenz an – ja unsere Existenz selbst empfangen wir – bis zu deren Ende und geben zugleich auch wieder und weiter. 

Das Schenken [2]vgl. Taylor, Michael Dominic, The Foundations of Nature. Metaphysics of Gift for an Integral Ecological Ethic, Eugene Oregon USA 2020 ist so etwas wie das Grundgesetz unseres Daseins, das jeder Leistung und jedem Verdienst vorausgeht. Es ist gut, das in Dankbarkeit anzuerkennen und diese Dankbarkeit beinhaltet auch, uns in einer Geisteshaltung des Schenkens zu üben, durch die wir mehr in Übereinstimmung, in Harmonie mit den Grundlagen unserer Existenz leben.

Der Geschenkcharakter unseres Daseins stiftet Verbindung zwischen Gebern und Empfängern – also uns allen. Es ist ebenso eine Frage der Gerechtigkeit wie eine Voraussetzung für gelingendes Leben das anzuerkennen. Das beinhaltet aber auch anzuerkennen, dass das Los des anderen uns nicht gleichgültig sein kann. Dass wir Verantwortung füreinander tragen, die sich in gelebter Solidarität zeigen muss – und dass diese Solidarität auch Opfer kosten darf.

Konkret heißt das: Frauen in Schwangerschaftskonfliktsituationen verdienen unsere Unterstützung – aber nicht bei der Tötung ihrer Kinder. Schwerkranke verdienen unsere emotionale Zuwendung und bestmögliche palliativmedizinische Unterstützung – nicht die Giftspritze. Behinderte und ihre Familien verdienen Annahme und Unterstützung – nicht ihre Tötung im Mutterleib oder schon vorher in der Petrischale. Pornographie und Prostitution müssen als die krassen Verstöße gegen die Verbundenheit geächtet werden, die sie sind. Solidarische Formen des Wirtschaftens müssen die konkurrenzgetriebene Wirtschaft ergänzen und zumindest teilweise ersetzen. Flüchtlinge verdienen Aufnahme und Unterstützung – nach Möglichkeit bereits in ihrer Heimat, so dass sie im Idealfall erst überhaupt nicht fliehen müssen (vgl. Fratelli tutti 38). Unsere pflanzliche und tierische Umwelt verdient es, dass wir unsere Lebensweise so gestalten, dass auch sie noch eine Zukunft hat.

Sicher braucht es daneben aber auch strafbewährte Verbote von Verstößen gegen das Leben, die als solche auch vollstreckt werden – nicht nur um angesichts von begangenem Unrecht für Gerechtigkeit zu sorgen, sondern auch zur gesellschaftlichen Formung des Gewissens, des Bewusstseins von Recht und Unrecht.

References

References
1 vgl. „Da alles in Beziehung steht, ist die Verteidigung der Natur auch nicht mit der Rechtfertigung der Abtreibung vereinbar. Ein erzieherischer Weg, die Schwachen anzunehmen, die uns umgeben und die uns manchmal lästig oder ungelegen sind, scheint nicht machbar, wenn man nicht einen menschlichen Embryo schützt, selbst wenn seine Geburt Grund für Unannehmlichkeiten und Schwierigkeiten sein sollte: „Wenn der persönliche und gesellschaftliche Sinn für die Annahme eines neuen Lebens verloren geht, verdorren auch andere, für das gesellschaftliche Leben hilfreiche Formen der Annahme.“ (LS 120)
2 vgl. Taylor, Michael Dominic, The Foundations of Nature. Metaphysics of Gift for an Integral Ecological Ethic, Eugene Oregon USA 2020