In seinem Buch „Eden Culture“ über eine „Ökologie des Herzens für ein neues Morgen“ spricht Dr. Johannes Hartl, Gründer und Leiter des Gebetshauses Augsburg, von 3 Geheimnissen. Das dritte dieser Geheimnisse ist die Schönheit. Auf Seite 194ff seines Buches beschreibt Hartl einige Merkmale des Schönen:

„Da fällt zunächst eine gewisse Ordnung auf…Diese Ordnung ist nicht beliebig, sondern folgt einem ganz natürlichen Sinn…Neben der Ordnung gibt es auch das Prinzip der Abwechslung…Die Abwechslung folgt aber einem Gesetz der Harmonie…Das Schöne ist nicht achtlos, sondern geht auch mit dem Kleinen bewusst um. Dieser bewusste Umgang wiederum unterstreicht die Bedeutung der Dinge…Die Schönheit..hat also auch etwas zuriefst Persönliches…Großzügigkeit bedeutet „mehr als nötig“. Genau darin gleicht sie allem Schönen. So ist es nicht verwunderlich, dass die Schönheit im menschlichen Leben ihren Sitz besonders dort hat, wo Menschen ihre Verbundenheit feiern…Besondere Bedeutung bekommt das Schöne, wenn es um die Liebe geht.“

Hartl malt, vor und in den Lücken dieses Zitates, diese Merkmale auf eine Weise aus, die man vor dem Hintergrund dieses Zitates nur…schön nennen kann. Er macht auch deutlich, dass Heirat und Liebe mit Schönheit zu tun haben und die Erfahrung des Schönen „untrennbar von dem, was es heißt, ein Mensch zu sein und unter Menschen zu leben“ ist.

Im Folgenden soll es daher nun um die Schönheit der Ehe gehen. Wir werden feststellen, dass sämtliche, der von Dr. Hartl genannten, Merkmale des Schönen auch auf die Ehe zutreffen.

Persönlich

Dass die Ehe etwas zutiefst Persönliches ist, dürfte für jeden offensichtlich sein. Geheiratet wird dieser konkrete Mann, diese konkrete Frau…und nicht irgendein x-beliebiger Mann, irgendeine x-beliebige Frau. Nein, genau diese Person soll es für mich sein und keine andere. Der Ehepartner ist keine austauschbare Nummer, sondern einzigartiges Gegenüber. Und es ist meine ganz persönliche Entscheidung, wen ich heirate. Diese Entscheidung kann und darf mir niemand abnehmen. Daher sind Zwangsheiraten auch nicht nur illegal und unethisch, sondern darüber hinaus auch einfach etwas Häßliches. Sie empören uns nicht nur, sondern stoßen uns zurecht ab.

Schönheit

Großzügigkeit und Verbundenheit

In der Ehe schenkt man sich dem anderen ganz. Wer heiratet, tut dies (hoffentlich), weil er sein ganzes Leben mit dem anderen teilen möchte. Weil er gemeinsam mit dem anderen alt werden möchte. Aber der schönste Ausdruck dieser Großzügigkeit, dieses „sich dem anderen Schenkens“, so sehr, dass in ihm die Ehe eigentlich erst so richtig vollzogen wird, ist Sex.

In ihm kommt sich ein Ehepaar körperlich so nahe, wie Menschen einander nur nahe kommen können. Und was für eine Schönheit liegt in der damit zum Ausdruck gebrachten Aussage: „Ich will ein Kind mit Dir haben.“ Ja: „Ich will viele Kinder mit Dir haben.“ Wie können Menschen auch tiefere Verbundenheit erfahren als durch Sex und durch die Erfahrung, gemeinsame Kinder zu haben und für diese über Jahre hinweg gemeinsam zu sorgen?

Liebe – nicht achtlos!

Dass Liebe und Ehe zusammengehören sang nicht nur schon Frank Sinatra, auch die letzten beiden Abschnitte haben das schon deutlich werden lassen. Klar ist aber auch, dass dieses große, schillernde Wort Liebe in diesem Zusammenhang mehr bedeuten muss als einfach nur romantische Gefühle oder biochemische Reaktionen unserer Körper. Um deutlich zu machen, um welche Liebe es in der Ehe geht, sei hier jene Bibelstelle zitiert, die wohl eine der beliebtesten, wenn nicht die beliebteste für Hochzeiten ist: das Hohelied der Liebe von Paulus aus dem 13. Kapitel des 1. Briefes an die Korinther:

„Die Liebe ist langmütig, /
die Liebe ist gütig. /
Sie ereifert sich nicht, /
sie prahlt nicht, /
sie bläht sich nicht auf.
Sie handelt nicht ungehörig, /
sucht nicht ihren Vorteil, /
lässt sich nicht zum Zorn reizen, /
trägt das Böse nicht nach.
Sie freut sich nicht über das Unrecht, /
sondern freut sich an der Wahrheit.
Sie erträgt alles, /
glaubt alles, /
hofft alles, /
hält allem stand.
Die Liebe hört niemals auf.“
(1. Kor. 13,4-8)

Eine solche Liebe und eine von einer solchen Liebe geprägte Ehe ist nicht einfach und sicher nicht bequem. Aber sie ist zweifellos schön und sogar heilig. Machen kann man das allerdings nicht; nur empfangen als eine Gnade, die man dann aber auch annehmen muss.

Stellen wir uns aber einmal auf der anderen Seite eine Ehe vor, in der diese Art Liebe nicht vorkommt; eine Ehe, die vielleicht durch tagtäglich wiederkehrende Machtkämpfe geprägt ist oder, womöglich schlimmer noch, durch Gleichgültigkeit. Eine solche Ehe wird kaum einer als schön ansehen und viele wahrscheinlich sogar als auf Dauer unerträglich. Das zeigt:

Auf Dauer braucht die Ehe die Liebe, um bestehen zu können; aber Liebe nicht als eine Verliebtheit, die in Wahrheit nur eine Phase ist, die vorübergeht, wenn erst einmal der Alltag eintritt, wie es bei einer auf Dauer angelegten Beziehung wie der Ehe unvermeidlich ist. Liebe auch nicht einmal als Zuneigung und Wertschätzung, die beide sehr strapaziert werden können, wenn – was bei einer langen, intimen Beziehung auch unvermeidlich ist – die Schattenseiten und ja auch Abgründe des anderen immer wieder und bisweilen sogar penetrant zum Vorschein kommen und manchmal sogar die böse Ahnung aufkommt, dass aber überhaupt gar keine Hoffnung auf Besserung besteht. Durch solche Zeiten vermag nur eine Liebe zu tragen, wie Paulus sie beschreibt. Wie schön ist dann eine Ehe anzusehen, in der sich die Ehepartner auch durch schwere Zeiten hindurch die Treue halten. Hier zeigt sich die Schönheit eines edlen Charakters, der über innere Stärke und Größe verfügt und nicht bei Schwierigkeiten aufgibt.

Schönheit

Was man heute vielleicht fast nahtlos in die Betrachtung des Apostels Paulus einfügen könnte: Die Liebe geht nicht achtlos mit dem anderen um; auch nicht bei Kleinigkeiten.

Abwechslung

Die Spannung der Geschlechter bringt Abwechslung und Reiz in den Alltag einer Ehe. Gleichzeitig folgt diese Abwechslung einem Gesetz der Harmonie. Mann und Frau sind nicht einfach nur verschieden, sie ergänzen einander – physiologisch, psychologisch und auch spirituell. Diese Abwechslung und Ergänzung ist nicht nur in sich eine Bereicherung für das Paar. In physiologischer Hinsicht ermöglicht sie ihm überhaupt erst, gemeinsam Eltern zu werden. Sie erst macht das Paar, die Ehe fruchtbar und damit zu etwas, das über sich selbst hinaus auf die nächste und alle folgenden Generationen verweist. Die Ehe steht damit nicht nur in sich selbst, sondern ist eine Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft.

Ordnung – im Dienste der Schönheit

Last but not least: die Ordnung. Die Ehe folgt einer bestimmten Ordnung. Sie ist nichts Beliebiges, sondern existiert in einem und durch einen ihr gegebenen rechtlichen Rahmen. Speziell Zweck der kirchenrechtlichen Bestimmungen zur Ehe ist es, die bisher beschriebene Schönheit der Ehe zu bewahren und zu fördern. Nur von dieser Zielsetzung her lassen sich die kirchenrechtlichen Regelungen zur Ehe verstehen und ihren Zusammenhang mit dem Evangelium erkennen.

Der Ehekonsens (Can. 1057) soll sicherstellen, dass die Ehe eine ganz persönliche Angelegenheit ist (ebenso Can. 1103, wonach eine unter Zwang geschlossene Ehe ipso facto ungültig ist). Die Unauflöslichkeit der Ehe (Can. 1056) gewährleistet, dass das Geschenk, das die Eheleute einander machen (vgl. Can. 1057 § 2), wirklich großzügig ist. Außerdem kann nur so eine Tiefe an Verbundenheit erreicht werden wie sie für jedes vorläufige, befristete Arrangement unerreichbar ist. In einem weiteren und tieferen Sinne dienen all diese Bestimmungen natürlich auch der Liebe zwischen den Ehepartnern, insofern Großzügigkeit, Verbundenheit sowie das Persönliche nicht nur Merkmale des Schönen, sondern ebenso der Liebe sind. Can. 1055 schließlich stellt die Abwechslung sicher, die einem Gesetz der Harmonie folgt.

Schönheit bereitet uns Freude, versetzt uns in Staunen und inspiriert uns. All das gilt auch für eine gute Ehe.

Schreibe einen Kommentar