Commons-freundliche Politik

Commons und Commoning bilden eine Querschnittsantwort auf die verschiedenen Herausforderungen einer ganzheitlichen Politik.

Eine Wirtschaftsweise, bei der nicht Profitmaximierung im Vordergrund steht, sondern Bedürfnisbefriedigung bei gleichzeitiger Förderung der Verbundenheit – auch der Verbundenheit mit der Natur – lässt sich sehr viel mehr mit dem Ziel der Bewahrung der Schöpfung vereinbaren als die renditegetriebene, kapitalistische Wirtschaftsweise.

Speziell eine glokale bzw. kosmo-lokale Produktion – die globale, kostenlose Zurverfügungstellung immaterieller Güter zur lokalen Produktion materieller Güter – kann einen enormen Beitrag zur massiven Verkürzung der Transportwege und damit zur drastischen Senkung des Energieverbrauchs leisten.

Commons und Commoning bieten – gerade auch finanzschwachen – Menschen die Möglichkeit, selbst Subjekte der Wirtschaft zu werden, wie dies eine ganzheitliche Option für die Armen erfordert.

Mitarbeitskooperative wie die Park Slope Food Coop in New York heben den Gegensatz zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, Produzenten und Konsumenten auf und tragen so auch ein Stück weit zum sozialen Frieden bei.

Die praktische Erfahrung von Kooperation, Solidarität und Gemeinschaft durch Commons und Commoning wirkt Vereinzelung und Vereinsamung entgegen – und damit auch seelischer Verarmung; die dann auch nicht durch eigentlich unnötigen Konsum endlicher Güter oder politische Radikalisierung kompensiert werden muss. So sind die auch ein Beitrag zu Frieden und Versöhnung in der Gesellschaft und zwischen verschiedenen Kulturen.

Commons-freundliche Politik

Commons und Commoning erfordern die Bereitschaft, etwas ohne Zwang beizutragen oder weiterzugeben, ohne dafür im Umkehrschluss direkt einen Ausgleich in gleichem oder höheren Wert zu erwarten. Sie basieren somit einerseits auf einem Geist des Schenkens, fördern diesen aber auch andererseits durch eine entsprechende soziale Praxis.

Commons und Commoning können so einen wichtigen Beitrag leisten zum Aufbau einer Kultur des Lebens, einer Zivilisation der Liebe, wie sie der whole-life-Ansatz anstrebt und die ebenfalls auf einer Praxis des Schenkens, der Unentgeltichkeit und der Übereignung aufbauen.

Eine soziale Praxis des Schenkens, wie sie mit Commoning einhergeht, macht auch den tieferen Sinn von Ehe und Familie intuitiver verständlich und stärkt so indirekt beide Institutionen.

Gemeinschaftlich betriebene Mitarbeiterkooperativen bieten aber auch direkt die Möglichkeit, den konkreten Belangen konkreter Familien Geltung gegenüber rein wirtschaftlichen Überlegungen zu verschaffen und so einen Beitrag dazu zu leisten, dass die Wirtschaft dem Menschen – und zwar dem in Gemeinschaft(en) lebenden Menschen – dient und nicht umgekehrt.

Commons und Commoning, die ja verlangen, dass jeder Beteiligte Initiative zeigt und sich auf je eigene Weise einbringt, erfordern und fördern damit auch Tugenden wie Klugheit, Tapferkeit, Gerechtigkeit und Besonnenheit. Die Förderung von Commons und Commoning kann daher auch ein Beitrag zum Virtue Mainstreaming sein.

Wie kann Politik Commons und Commoning fördern?

Das wichtigste vorab: Commons können nicht „von oben“ verordnet werden. „Oben“ – also der Staat in seinen vielfältigen Abstufungen – kann Commons aber Raum geben zu entstehen und ihre Entfaltung auf vielfältige Weise unterstützen.

Direkte finanzielle Unterstützung ist natürlich eine Möglichkeit, doch darf diese nicht auf Kosten der Selbstverwaltung der Commons gehen, da auf diese Weise das ganze Konzept ad absurdum geführt würde. Auf der anderen Seite sollten in jedem Fall Subventionen für die Privatwirtschaft abgebaut werden.

Analog zu den Öffentlich-Privaten Partnerschaften sind auch Public-Commons-Partnerships oder – eher noch – Commons-Public-Partnerships denkbar, in denen der Staat – langfristig gesichert – die Infrastruktur zur Verfügung stellt, welche die Commons nutzen, um selbstorganisiert zu tun, was man mit der staatlichen Seite vereinbart hat:

Wohngebäude der Spekulation am Immobilienmarkt entziehen, einen Supermarkt als Mitarbeits-Kooperative betreiben, Bildung vermitteln, eine ökologische und regionale Ernährung sicherstellen und und und.

Es kann gesetzlich festgelegt werden, dass aus öffentlichen Mitteln geförderte Forschungsergebnisse allen zugänglich sein müssen. Neue Rechtsinstitute wie das Verantwortungseigentum können Commons rechtlich absichern. Behörden können auf free and open source software umsteigen und im Schulwesen können Open Educational Resources zum Einsatz kommen.

In der Entwicklungszusammenarbeit muss darauf geachtet werden, dass vor Ort vorhandene Commons geschützt und gefördert und nicht durch Privatisierungen oder Verstaatlichungen eingehegt, das heißt aufgelöst, werden, wie dies gang und gäbe ist.

Auf diese Weise kann auch ein Beitrag gegen Entwurzelung und für Heimatverbundenheit geleistet werden, da die Einhegungen eine der Hauptursachen dafür sind, dass Menschen im globalen Süden ihre Heimat verlassen müssen, um Beschäftigungsmöglichkeiten in fernen Städten oder sogar fremden Ländern zu suchen, da sie mit den Commons zugleich ihre Existenzgrundlage verloren haben.

Eine Kultur der Commons kann auch gefördert werden, indem globale Commons wie die Weltmeere oder auch für die globale Atmosphäre essentielle Räume wie die lateinamerikanischen Regenwälder unter internationale Treuhänderschaft gestellt werden. (vgl. Fratelli tutti 124)

Commons-freundliche Politik

Diese kann eine entsprechende nachhaltige Bewirtschaftung – etwa auch durch Verpachtung – sicherstellen und überwachen und die Erträge entweder – unter Berücksichtigung des besonderen Bedarfs der Entwicklungsländer bzw. der intragenerationellen Klimagerechtigkeit – an alle Mitgliedsstaaten der UN auszahlen oder in den Erhalt der Biosphäre investieren.

Im Fall globaler Commons, die wie die lateinamerikanischen Regenwälder auf dem Territorium einzelner Staaten liegen, können Kompensationszahlungen der Weltgemeinschaft für die nicht erfolgende Ausbeutung an diese, wirtschaftlich oft schwächeren, Staaten angemessen sein, wie dies bereits von unter anderem Ecuador vorgeschlagen wurde.

Eine besonders wichtige Aufgabe bei der Förderung von Commons fällt den Kommunen zu. Da die meisten Commons selbst lokal verankert sind, finden sie hier ihr entsprechendes politisches Gegenüber. Auf kommunaler Ebene ist der Austausch zwischen Commonern und Politik sehr viel direkter und persönlicher möglich als auf übergeordneten Ebenen. Entsprechend gibt es hier sehr viel mehr Möglichkeiten für Commoner, sich unmittelbar in den politischen Prozess einzubringen und ihre Anliegen zu vertreten. Umgekehrt können Kommunen auf dem Verwaltungswege Hürden für Commoner aus dem Weg Räumen und aktiv Hilfestellung leisten entsprechend der spezifischen Herausforderungen und Bedürfnisse vor Ort.

So kann auch eine Stärkung kommunaler Selbstverwaltung und Finanzautonomie – sowie generell des Subsidiaritätsprinzips – dazu beitragen, einen besseren Rahmen für die Förderung von Commons und Commoning zu schaffen.

Vor allem aber kommt es darauf an, Politik selbst neu zu begreifen, als etwas, das nicht die (semi-)professionelle Tätigkeit anderer ist, sondern als etwas, das wir alle aktiv und unmittelbar gestalten – z. B. wenn wir uns zusammenschließen, um Commons zu schaffen.