Über die Schöpfung hinaus offenbart sich Gott in der Geschichte. Diese ist darum keine sinnlose Abfolge unzusammenhängender Ereignisse, aber auch keine Wiederkehr des Immergleichen. Der Geschichte liegt vielmehr ein Plan zugrunde, ein Heilsplan sogar, und sie hat Sinn und Ziel – Jesus Christus und unsere Vollendung in ihm. Das wiederum hat Konsequenzen für das Hier und Jetzt.
Wie die Geschichte als Ganzes Sinn hat, so hat auch jeder Augenblick in ihr Anteil an diesem Sinn und ist dadurch von Bedeutung. Dies mag für erfreuliche Augenblicke unerheblich erscheinen, gewinnt aber seine besondere Dringlichkeit in schweren Augenblicken. Sie alle, die erfreulichen, die schweren wie die unauffälligen, sind dazu da mit Achtung, Wertschätzung, Annahme und auch mit Dankbarkeit gelebt zu werden.[1]Laudato si Nr. 226
Diese Haltung der Achtung, Wertschätzung, Annahme und Dankbarkeit gilt aber nicht nur für den jeweiligen flüchtigen Augenblick, sondern ebenso für die unzähligen Augenblicke, die zu diesem Augenblick hingeführt haben, in der eigenen Lebensgeschichte, der Familiengeschichte wie der Geschichte des eigenen Landes und der weiter gefassten eigenen Kultur sowie der Menschheit als Ganzes.
Besonders gilt das natürlich für die – schriftliche wie mündliche – Überlieferung der Kirche, durch welche die Offenbarung Gottes zu uns Heutigen gelangt ist.
Ebenso gilt es aber auch für die anderen genannten Traditionen. Diese zu pflegen heißt, sie im Lichte des Evangeliums zu reinigen und zu veredeln – und so weiterzuschenken.[2]vgl. Gaudium et Spes 11
Schließlich beinhaltet es, im Hier und Jetzt Verantwortung für die Zukunft und das heißt für die kommenden Generationen zu übernehmen und so zu leben, dass es diesen einfacher fällt, die Fülle der Wahrheit über sich selbst und die Welt in der sie leben anzunehmen: die Fülle, die Jesus Christus heißt.
Ein Schritt zu einer Spiritualität einer ganzheitlichen Ökologie ist also die Vergangenheit zu ehren, die Gegenwart anzunehmen und die Zukunft zu gestalten. Einen Beitrag hierzu kann die Feier der jährlich wiederkehrenden Feste leisten, aber auch die bewusste Pflege der Sonntagsruhe als Unterbrechung des gleichmäßigen Stroms des Alltages.[3]Laudato si Nr. 237
Zum Ehren der Geschichte gehört auch der rechte Umgang mit Schuld
Die Vergangenheit ehren und die Gegenwart annehmen beinhaltet auch, Schuld anzuerkennen – die eigene, wie jene, bei der man selbst zum Opfer wurde.
Die Schuld anzuerkennen bedeutet aber auch die Notwendigkeit von Wiedergutmachung und Versöhnung anzuerkennen. Beides zu verneinen ist nichts anderes als ein Nicht-wahrhaben-wollen der Schwere und damit der Realität der Schuld.
Hierzu gehört auch die Tatsache anzuerkennen, dass wir oftmals zu einer Wiedergutmachung gar nicht in der Lage sind oder es uns doch zumindest am entsprechenden Willen mangelt. Wie wollten wir etwa jemals das gigantische Artensterben unserer Tage wiedergutmachen?
Angesichts dessen gilt es anzuerkennen, dass wir fundamental eines Erlösers von unserer Schuld bedürftig sind und auch dieses Geschenk anzunehmen und so Friede und Versöhnung zu erfahren – immer wieder neu, da wir auch immer wieder neu schuldig werden.
Zu einer Spiritualität einer ganzheitlichen Ökologie gehört es demnach die eigene wie fremde Schuld anzuerkennen, die Versöhnung anzunehmen und in den Sakramenten der Kirche zu empfangen.