Heute feiern wir das Fest Epiphanias, im Volksmund auch Heilige Drei Könige genannt. Die vergangenen Tage sind wieder in weiten Teilen Deutschlands die Sternsinger unterwegs gewesen, haben Lieder gesungen, Häuser und Wohnungen gesegnet und Geld gesammelt. Es ist erst wenige Monate her, da ist etwas ganz ähnliches geschehen: an Halloween. Ein Vergleich dieser zwei Feste gibt einen pointierten Einblick, wie sich unser Zusammenleben in einer zunehmend postchristlichen Gesellschaft verändern wird, ja zu verändern droht, wenn man nicht sagen muss, dass diese Veränderung bereits in weiten Teilen eingetreten ist.
Ein solcher Vergleich bietet sich an, da beide Feste – Heilige Drei Könige und Halloween – einerseits über hinreichend Ähnlichkeiten, andererseits über hinreichend Unterschiede verfügen, so dass dieser Vergleich einigermaßen erhellend sein dürfte.

Beginnen wir mit den Gemeinsamkeiten: An beiden Festen ziehen Kinder und Jugendliche durch die Nachbarschaft. An beiden Festen sind sie dabei verkleidet und an beiden Festen sammeln sie etwas ein.
Nun zu den Unterschieden:
Heilige Drei Könige
Wie bereits beschrieben segnen die Sternsinger die Wohnungen und Häuser, die sich ihnen öffnen. Dem Wort „Segen“ entspricht in der Kirchensprache Latein die „benedictio“. Deren wörtliche Übersetzung lautet so viel wie „Gutes zu sprechen“. Es bedeutet, dass man das, was man segnet – an Heilige Drei Könige also die Häuser und Wohnungen sowie ihre Bewohner – unter den Schutz Gottes stellt, so dass es ihnen im neu begonnenen Jahr gut ergehen möge. Die Sternsinger sammeln dabei Geld für einen wohltätigen Zweck – in diesem Jahr für die Gesundheitsförderung von Kindern in Afrika.
Halloween
Halloween steht unter der Überschrift „Trick or treating“. Kinder und Jugendliche sammeln hier Süßigkeiten für sich selbst – unter der – zugegebenermaßen mehr ritualisierten als ernst gemeinten – Androhung eines Streiches im Falle, dass der Forderung nicht nachgegeben wird.
Wir haben also auf der einen Seite eine Sammelaktion zu Gunsten notleidender Dritter, bei der die Spender zum Dank unter den Schutz Gottes gestellt werden und auf der anderen Seite eine – wenn auch lediglich spielerisch inszenierte – Erpressung von Genussmitteln.
Nun kann der Einwand erhoben werden, dass dies doch alles nur ein Spaß sei und nicht so auf die Goldwaage gelegt werden dürfe. Doch ist das wirklich so? Feste sind Verdichtungen des Alltages. An dem, was und wie wir feiern, können wir ablesen, wie wir leben. Wenn dies zutrifft, zeigt die wachsende Popularität von Halloween, dass unsere Gesellschaft zunehmend vom Streben nach Selbstbereicherung, Genußmitteln und latenter (Androhung von) Gewalt gekennzeichnet ist. Wer die Zeichen nicht sieht oder nicht sehen will, dem sei versichert, dass in einer zunehmend postchristlichen Gesellschaft diese immer deutlicher sichtbar werden dürften.

Letztlich sind dies Zeichen einer individualistischen Gesellschaft, in der so getan wird, als wäre der einzelne nicht immer schon eingebunden in ein Geflecht von Beziehungen und Gemeinschaften, als wäre jeder sich selbst der Nächste; in der deshalb der Einzelne nach Belieben Bindungen eingeht und wieder löst – ohne Rücksicht auf Verluste anderer dabei. Es ist dies eine Gesellschaft, die am wahren Wesen des Menschen als zoon politikon, als soziales Wesen, vorbeilebt und auf diese Weise einen (a)sozialen Raum schafft, in dem sich Solidarität und Gemeinschaft immer mehr verflüchtigen, damit aber auch die soziale Lebensgrundlage von uns Menschen – zunächst den Schwächsten, dann aber von immer mehr und schließlich von allen.
In seiner Enzyklika Laudato si, deren Untertitel „Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ lautet, schreibt Papst Franziskus in Nr. 162 hierzu:
„Die Schwierigkeit, diese Herausforderung [gemeint ist der Klimawandel] ernst zu nehmen, hängt mit dem ethischen und kulturellen Verfall zusammen, der den ökologischen begleitet. Der postmoderne Mensch läuft ständig Gefahr, zutiefst individualistisch zu werden, und viele soziale Probleme sind mit dem gegenwärtigen egoistischen Immediatismus verbunden, mit den Krisen der familiären und sozialen Bindungen, mit den Schwierigkeiten, den Mitmenschen anzuerkennen.“
Vor diesem Hintergrund und angesichts der beschriebenen ökologischen, ethischen und kulturellen Probleme, vor denen wir stehen, bleibt so nur zu sagen: Christus mansionem benedicat.
Sehr ich ähnlich
Sehr guter und scharfsinniger Vergleich!