Ganzheitliche Politik

Papst Franziskus nennt in der Überschrift zu seiner Enzyklika „Laudato si“ unseren Planeten „unser gemeinsames Haus“. Dieses gemeinsame Haus ist unser aller Zuhause. Dieses Zuhause teilen wir nicht nur mit Milliarden Menschen, die in diesem Augenblick leben, sondern auch mit – hoffentlich – Milliarden Menschen, die nach uns kommen werden, und einer unvorstellbaren Vielzahl von anderen Lebewesen. Dieses Haus – dieser Oikos – verdient es, geschützt zu werden.

Ganzheitliche Ökologie verlangt auch eine ganzheitliche  Option für die Armen. Es braucht ein ganzheitliches Verständnis von Armut. Zuerst muss dabei an die materiell Armen gedacht werden – im regionalen wie im globalen Kontext. Es geht dabei auch darum, eine Wirtschaft, die, so Papst Franziskus, – auch, aber nicht nur im globalen Maßstab – tötet, so umzubauen, dass sie dem Menschen dient: jedem Menschen und dem ganzen Menschen. Doch auch andere Formen von Armut müssen erkannt, benannt und überwunden werden.

Eine ganzheitliche Ökologie beinhaltet auch eine Ökologie des Friedens. Flüchtlingskrise und Corona-Pandemie haben in den vergangenen Jahren gesellschaftliche Bruchlinien sichtbar gemacht, die der Heilung bedürfen. Ernsthafte Meinungsunterschiede oder kontroverse Diskussionen sind nicht falsch. Aber eine Atmosphäre des Misstrauens, der Anschuldigungen und Einschüchterung zersetzt den sozialen Zusammenhalt. Wir müssen deshalb neu ins Gespräch miteinander kommen, was uns verbindet, was uns als Gemeinwesen eint, aber auch, wo wir in getrennten Welten leben.

Zur ganzheitlichen Ökologie gehört eine konsequente Lebensethik. Diese ist dadurch charakterisiert, dass sie das ganze menschliche Leben als schützenswert ansieht – von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod. Das unterscheidet die konsequente Lebensethik von anderen, inkonsequenten, Ansätzen, die nur einzelne Phasen des menschlichen Lebens als schützenswert ansehen.

Weil die auf der Ehe gegründete Familie die „erste und grundlegende Struktur zugunsten der Humanökologie“ (CA 39) ist, muss ihr in besonderer Weise die Sorge einer ganzheitlichen Politik gelten.

Ohne die Entwicklung von Tugenden, ohne die Entwicklung von Eigenschaften, die es uns ermöglichen, bewusst, beständig und mit Freuden das Gute zu tun, ist eine ganzheitliche Entwicklung des Einzelnen wie der Gesellschaft als ganzer nicht möglich. Daher kann die Entwicklung von Tugenden ebenso wenig dem Zufall überlassen werden, wie die Aneignung von Allgemeinbildung und beruflichen Fertigkeiten.  Tugenderziehung muss deshalb als Menschenrecht oder zumindest als Teil des Menschenrechtes auf (ganzheitlich verstandene) Bildung anerkannt werden.