Die produktiven Tugenden

Jedes Wesen hat als Ziel seine Selbsterhaltung und Selbstentfaltung.[1]https://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/cti_documents/rc_con_cfaith_doc_20090520_legge-naturale_en.html#2.4._The_precepts_of_the_natural_law Nr. 48, 05.03.2022

Dies gilt somit auch für den Menschen und rundet das Bild von der menschlichen Natur ab. Selbsterhaltung und Selbstentfaltung erfolgt im Falle des Menschen in Form von Arbeit, wobei hierunter nicht notwendigerweise Erwerbsarbeit zu verstehen ist.

Die produktiven Tugenden: Fleiß, Sorgfalt und Genügsamkeit

Für die Arbeit benötigt der Mensch – neben der entsprechenden technischen Fertigkeiten, die summarisch unter den intellektuellen Tugenden genannt wurden – vor allem zwei Tugenden: Fleiß und Sorgfalt.

Fleiß bedeutet, gerne zu arbeiten, Sorgfalt gerne gut zu arbeiten. Fleiß befähigt uns also dazu, dass unsere Arbeit in quantitativer Hinsicht angemessen ist, Sorgfalt, dass sie es auch in qualitativer Hinsicht ist.

Je nach den Umständen kann dies sehr Unterschiedliches bedeuten. Dies im Einzelfall zu beurteilen, ist Sache der Klugheit.

Ein Mangel an Fleiß ist Trägheit, ein Übermaß an Fleiß Arbeitswut. Sie liegt vor, wenn mehr gearbeitet wird, als im konkreten Fall gut ist, etwa wenn hierdurch andere, höher stehende Güter wie die eigene Gesundheit oder das Wohl anderer beeinträchtigt oder zumindest gefährdet werden.

Ein Mangel an Sorgfalt ist Nachlässigkeit, ein Übermaß an Sorgfalt Perfektionismus. Er liegt vor, wenn in eine Arbeit mehr Sorgfalt als erforderlich investiert wird, sodass darunter andere, höher stehende Güter leiden.

Die produktiven Tugenden

Hinsichtlich Fleiß und Sorgfalt kann von produktiven Tugenden gesprochen werden, insofern sie auf Produktivität zielen.[2]Natürlich werden Fleiß und Sorgfalt auch beim Betreiben von Wissenschaft und somit für die Erlangung von Weisheit benötigt, dies aber insofern es sich beim Betreiben von Wissenschaft ebenfalls um … Continue reading

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach dem rechten Umgang mit den durch Arbeit hergestellten Gütern. Die entsprechende, ökologisch nachhaltige, Antwort liegt in der Genügsamkeit als einem zurückhaltenden und schonenden Umgang.[3]Laudato si Nr. 223f Das Übermaß liegt hier in einem Geiz gegenüber sich selbst, in dem man sich selbst weniger als das Nötigste gönnt. Der Mangel bestünde in der Gier, der im Verbrauch keine Grenzen kennt und immer nach noch mehr verlangt. Ein solcher Gier ist angesichts der Begrenztheit der Ressourcen nicht mit der Bewahrung der Schöpfung vereinbar und resultiert in Vereilungskämpfen, die den Frieden gefährden.[4]Laudato si Nr. 203f.

References

References
1 https://www.vatican.va/roman_curia/congregations/cfaith/cti_documents/rc_con_cfaith_doc_20090520_legge-naturale_en.html#2.4._The_precepts_of_the_natural_law Nr. 48, 05.03.2022
2 Natürlich werden Fleiß und Sorgfalt auch beim Betreiben von Wissenschaft und somit für die Erlangung von Weisheit benötigt, dies aber insofern es sich beim Betreiben von Wissenschaft ebenfalls um eine Arbeit handelt, weshalb die Behandlung dieser beiden Tugenden im weiteren Kontext der Arbeit allgemein erfolgt und nicht im Hinblick auf den Spezialfall wissenschaftlichen Arbeitens unter den charakterlichen Tugenden.
3 Laudato si Nr. 223f
4 Laudato si Nr. 203f.