Verbundenheit und die katholische Sexualmoral

Sexualität kann Verbundenheit herstellen und zum Ausdruck bringen. Sie kann sie aber auch zerstören. Man denke nur an die traumatisierenden Auswirkungen sexuellen Missbrauchs, der die Verbindung zum eigenen Körper, zu den eigenen Gefühlen, aber auch zum eigenen wie zum anderen Geschlecht für immer zerstören kann.

Das Ringen um eine Wiederherstellung von Verbundenheit muss daher eine Antwort auf die Frage nach dem rechten Umgang mit Sexualität beinhalten; eine Philosophie der Verbundenheit muss auch nach der rechten Sexualmoral fragen.

Die katholische Sexualmoral setzt ein personales Menschenbild voraus. Menschen sind nicht einfach Individuen, ja nicht einmal nur soziale Wesen, die zunächst einzeln für sich existieren, um dann in einem zweiten Schritt in Beziehung zueinander zu treten, weil sie das so wünschen oder auch brauchen. Menschen sind Personen und das heißt sie stehen immer schon in Beziehung zueinander. Beziehungen sind für Menschen nicht etwas äußerlich und sekundär hinzukommendes, sie gehören wesentlich zum Menschsein dazu, ja machen es geradezu aus.

Beziehungen definieren uns. Noch bevor wir „Ich“ sagen bzw. das dahinter stehende Konzept verstehen können, stehen wir bereits in Beziehung zu anderen – und dies auch dann noch, wenn wir längst nicht mehr in der Lage sind, „Ich“ zu sagen bzw. das dahinter stehende Konzept zu verstehen.

Da Menschen leibliche Wesen sind, sind auch ihre Beziehungen leiblich vermittelt. Wir sehen, hören, riechen, fühlen und schmecken andere – und dies nirgendwo so intensiv wie zwischen Mann und Frau, Eltern und (ihren kleinen) Kindern. Die leibliche Komponente kann hinsichtlich ihrer Bedeutung für unsere Beziehungen daher nicht überschätzt werden.

Auf der anderen Seite sind wir aber auch rationale Wesen. Wir folgen in unseren Beziehungen nicht einfach blind unseren Instinkten oder genetisch vorprogrammierten Abläufen; wir gestalten unsere Beziehungen bewusst und willentlich – zumindest sind wir aber grundsätzlich dazu in der Lage. Wir können unsere Handlungen und Motive hinterfragen und daher auch uns und anderen gegenüber verantworten. Beziehungen, und dies gilt gerade auch für sexuelle Beziehungen, haben somit immer auch eine ethische Komponente. Nur vor diesem Hintergrund ergibt die Rede von einer Sexualmoral, sei sie nun katholisch oder nicht, überhaupt Sinn.

Die Grundthese des vorliegenden Textes lautet: Die katholische Sexualmoral dient der Förderung von Verbundenheit: Verbundenheit zwischen Mann und Frau, Mutter und Kind, Vater und Kind sowie mit dem eigenen Körper.

Das katholische Menschenbild folgt nicht dem kartesianischen Dualismus, wonach das eigentliche Subjekt eine immaterielle Seele sei, die einen materiellen Körper hat bzw. besitzt in einer rein äußerlichen Weise, wie man etwa auch ein Auto oder ein Fahrrad besitzt. Nach katholischem Verständnis hat der Mensch nicht einen Körper, er ist ein Leib; ein beseelter, das heißt einfach ein lebendiger, Leib, aber ein Leib nichtsdestotrotz. Der Mensch ist nicht ein Subjekt, das außerdem noch einen Körper hat oder besitzt, der Mensch ist gerade als beseelter Leib Subjekt.

Den eigenen Körper, gerade auch in seiner Geschlechtlichkeit, seiner Sexualität anzunehmen, in seinen Vorzügen und Grenzen und damit auch in seiner Ergänzungsbedürftigkeit, ist der erste wesentliche Schritt hin zu einer echten Verbundenheit mit sich selbst und damit Voraussetzung für ein in Verbindung Treten, für Verbundenheit mit der übrigen Realität, denn dies geschieht eben über den eigenen Körper.[1]vgl. Laudato si 155.

Verbundenheit und die Ehe

Die Ehe als ein öffentlich eingegangener Bund dient dann der Verbindung von einem konkreten Mann und einer konkreten Frau. In ihr schenken, übereignen, sie sich einander ganz.

Der öffentliche Charakter der Eheschließung – sichergestellt durch die verbindliche (!) Anwesenheit von Trauzeugen – unterstreicht die Verbindlichkeit dieses Bundes. Der Ehebund ist eben keine Privatangelegenheit der Eheleute, vor welcher diese auch die Augen verschließen können, wenn sie es wollen.

Sexualmoral

Nein, es gibt Menschen, die Zeugen der Eheschließung waren und die Eheschließung ihnen gegenüber daher auch bezeugen und sie an ihr Eheversprechen erinnern können, wenn sie in Versuchung geraten sollten, dieses lieber einmal – und wenn auch nur auf (noch so kurze) Zeit – zu vergessen, um dagegen zu verstoßen. Und hierbei ist nicht allein an Ehebruch im herkömmlichen Sinne zu denken.

Noch vor der Treue versprechen sich die Brauleute einander nämlich, den anderen zu lieben und zu achten. Aufgabe der Trauzeugen und dann auch der Öffentlichkeit als Ganzes ist es, die Eheleute daran zu erinnern, dass sie einander Liebe und Achtung versprochen haben – gerade auch in den Stunden, in denen sie davon am liebsten gar nichts hören wollten. Es ist hoffentlich unnötig, darauf hinzuweisen, dass Liebe und Achtung nicht verlangen, sich einem gewalttätigen oder psychisch misshandelnden Ehepartner auszuliefern. Liebe und Achtung können und werden sich situationsbedingt sehr unterschiedlich äußern.

Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe

Ein Kennzeichen der Ehe ist ihre Einheit. Ein konkreter Mann und eine konkrete Frau. Sie schenken sich eben einander ganz. Dieses Geschenk – und die Verbindung, die es begründet – wird nicht dadurch geschmälert, dass man es mit anderen teilen muss, so dass derjenige, der sich schenkt, in der Lage wäre, sich je nach Beliebem dem einen zu entziehen und dem anderen zuzuwenden und so diese gegeneinander auszuspielen. Dies wäre kein wirkliches Schenken, sondern der taktische Einsatz von Zuwendung zur Erlangung persönlicher Vorteile, worin auch immer diese liegen mögen. Echte Verbundenheit ist auf diese Weise nicht möglich. Machtspielen dieser Art wird durch die Einheit der Ehe die Grundlage entzogen.

Die eheliche Verbindung ist also exklusiv. Sie schließt alle anderen Menschen von ihr aus. Ausdruck dieser Exklusivität ist, dass sexuelle Handlungen nur innerhalb der Ehe stattfinden. Dies ist eine besondere Weise um zu zeigen: Diese Verbindung ist einzigartig. Es gibt etwas, etwas Wesentliches, das dieser Mann und diese Frau nur miteinander tun und sonst mit niemandem. Die Einheit der Ehe stiftet so eine Intimsphäre zwischen Mann und Frau. In diesem Bereich sind beide miteinander und füreinander allein. In diesem Bereich hat kein anderer etwas zu suchen. Gerade das macht Ehebruch zu einer so schwerwiegenden Angelegenheit.

Das Vorhandensein dieser Intimsphäre zwischen Mann und Frau fördert ihre Verbundenheit miteinander. Die Exklusivität der Sexualbeziehung ist dabei sichtbar machendes Zeichen für die Exklusivität ihrer Beziehung, nicht deren Grundlage. Deren Grundlage ist der bei der Heirat geschlossene Ehebund.

Ein weiteres Kennzeichen dieser Ehe ist ihre Unauflöslichkeit. Ein Geschenk ist eben ein Geschenk und keine Leihgabe auf Zeit, die je nach Bedarf wieder zurückgenommen werden kann. Die Unauflöslichkeit stellt sicher, dass der Ehepartner nicht nach Renditegesichtspunkten bewertet und bei einem negativen Ergebnis „abgestoßen“ werden kann.

Stattdessen fördert sie die Motivation, die gemeinsame Beziehung auch in Krisenzeiten nicht aufzugeben, sondern an ihrer Qualität zu arbeiten – ggf. auch unilateral. Die Unauflöslichlichkeit stellt nicht den individuellen Nutzen, sondern das gemeinsame Wohl in den Vordergrund, welches allerdings das individuelle Wohl miteinschließt.

Sexualmoral

Die Unauflöslichkeit der Ehe wirkt zunächst unter Umständen wie eine Einschränkung von Freiheit. Richtig betrachtet ist sie das Gegenteil. Sie befreit zu echter Hingabe, zu einem sich ganz Öffnen und sie befreit zur Übernahme großer Verantwortung.

Mit dem Eingehen der Ehe wird eine Verbindung geschlossen, die nur noch durch den Tod eines der Partner aufgelöst werden kann. Allein das Bewusstsein hiervon fördert die Verbundenheit zwischen den Eheleuten. Komme was wolle, man blickt in eine gemeinsame Zukunft.

Diese Gewissheit erst gibt die Sicherheit, um sich dem anderen ganz anzuvertrauen, sich ihm ganz zu öffnen; vielleicht nicht sogleich, aber jeden Tag ein Stück weit mehr, je tiefer diese Gewissheit wächst. Diese Gewissheit macht aber auch erst die große Verantwortung bewusst, die jeder der beiden Ehepartner für das Gelingen der Beziehung und der gemeinsamen Zukunft trägt.

Die Auflösbarkeit der Ehe hat die gegenteilige Wirkung. Sie macht es gefährlich, sich dem anderen wirklich zu öffnen – einem anderen, der jederzeit – unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen – die gemeinsame Verbindung lösen kann.

Die Übernahme von Verantwortung für die gemeinsame Beziehung wird schwieriger, wo jederzeit als Alternative die Möglichkeit besteht, einen Rückzieher zu machen – oder dass der andere die eigenen Mühen mit einem solchen Rückzieher beantwortet. Die Unauflöslichkeit macht den Unterschied zwischen dem Ehebund und einem rein zivilrechtlichen Vertrag.

Auch die Unauflöslichkeit dient so darüber hinaus dem Zweck, dass Sex, jene, abgesehen von einer Schwangerschaft, tiefste körperliche Verbindung zwischen zwei Menschen, nicht in einem luftleeren Raum vonstatten geht, sondern im Raum einer ganzheitlichen Verbundenheit, der allein es ermöglicht, sich dem anderen in seiner verletzlichen Nacktheit ganz zu öffnen und hinzugeben und so die das ganze Leben umfassende Verbundenheit auch körperlich in seiner gesamten Tiefe zu erleben. Dabei ist die bloße Aussicht auf eine solche umfassende Verbundenheit in Form eines, jederzeit widerrufbaren, Eheversprechens kein Ersatz für die tatsächlich eingegangene ganzheitliche Verbindung.

Außerhalb der Ehe, und dies gilt eben auch für die Zeit der Verlobung, treten dagegen die Unsicherheit, wie es nach der körperlichen Verbindung mit der Beziehung weitergeht, sowie mögliche frühere Erfahrungen mit anderen Sexualpartnern zwischen beide und behindern so ein wechselseitiges sich Öffnen und Hingeben und die daraus entstehende Verbundenheit.

Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe tragen somit zur Möglichkeit tiefer sexueller Intimität bei. Natürlich ist das aber kein Automatismus. Es braucht immer noch die täglich neue Entscheidung, das einmal gegebene Eheversprechen ernst zu nehmen.

Dem radikal entgegen stehen Selbstbefriedigung und Pornographie. Sexualität ist darauf angelegt, Verbundenheit auszudrücken und zu vertiefen. Doch bei der Selbstbefriedigung dreht sich alles nur um das eigene Lustempfinden. Statt sich für einen anderen zu öffnen, verschließt man sich hier in sich selbst. In der Pornographie wird eine konkrete Person in all ihrer Vielschichtigkeit auf optische Reize reduziert. Pornographie erzieht Menschen regelrecht dazu, andere Menschen auf Objekte zu reduzieren und als solche zu behandeln. In beiden Fällen wird Sexualität so regelrecht in ihr Gegenteil verkehrt, ja pervertiert.

Ehe und Kinder

Die Exklusivität der Ehe kann den Eindruck erwecken, dass die Ehe auf Kosten der Verbundenheit mit der übrigen Welt – ja sogar mit Gott – geht. Immerhin wird nach Innen – d. h. zwischen den Ehepartnern – eine Verbindung geschaffen, die sie zugleich nach Außen hin abschließt. Diese Gefahr ist real und erklärt zugleich, weshalb eine Ehe nach katholischer Auffassung nur dann gültig geschlossen wird, wenn beide Ehepartner offen für die Kinder sind, welche aus dieser Ehe hervorgehen.

Es sind die eigenen Kinder, durch welche die übrige Welt – das Nicht-Ehepaar – auf radikale, an die Wurzel gehende, Weise in die Ehe hineintritt. Kaum, ja genau betrachtet kein, Bereich des Ehelebens bleibt von Kindern unberührt. Ja selbst das Sexualleben, jener wirklich intimste Bereich einer Ehe, wird durch das Vorhandensein von Kindern unweigerlich beeinflusst.

Kinder binden in enormem Umfang die finanziellen, emotionalen, physischen und zeitlichen Möglichkeiten ihrer Eltern. Auf diese Weise binden Kinder einerseits das Ehepaar enger aneinander – selbst wenn dieses sich zivilrechtlich scheiden lässt und einer der beiden Ehegatten oder auch beide eine andere Verbindung eingehen, in dieser vielleicht sogar neue Kinder bekommen, bleiben sie doch ein Leben lang miteinander als Eltern dieser Kinder verbunden, ob sie das wollen oder nicht.

Andererseits sind die Kinder aber eben doch auch verschieden vom Ehepaar, nicht einfach dessen Erweiterung, sondern eigene, ganz einzigartige Personen und damit Repräsentanten des anderen, eben dessen, was nicht das Ehepaar ist: dem Nicht-Ehepaar. Als solche öffnen sie das Ehepaar auf radikale Weise für die Welt und verbinden diese mit ihr – und zwar gemeinschaftlich als Ehepaar, nicht je für sich als Einzelpersonen.

Sexualmoral

Ohne die Offenheit, ohne die Bereitschaft – und das heißt auch ohne die prinzipielle Möglichkeit – für gemeinsame Kinder ist nach katholischem Verständnis daher eine Ehe nicht möglich, denn einer solchen in sich selbst eingeschlossenen Beziehung würde die nötige Verbundenheit mit der Welt fehlen – zum Schaden des Paares selbst wie auch ihrer Umgebung.

Dies schließt aber nicht aus, dass es ebenso Aufgabe des Ehepaares ist, die Zahl ihrer Kinder in verantwortlicher Weise zu begrenzen – dies jedoch mittels Methoden, welche Verbundenheit fördern und nicht etwa untergraben.

Aus eben diesem Grund sind sämtliche künstliche Verhütungsmethoden abzulehnen, welche in den Hormonhaushalt der Frau (oder des Mannes) eingreifen.

Durch diese wird (bislang allein) der weibliche Körper manipuliert und sein Zyklus künstlich unterdrückt. Während die Natürliche Empfängnisverhütung eine intensive Beschäftigung mit dem eigenen Körper erfordert, so die Selbstwahrnehmung schult und zu einer tieferen Verbundenheit mit dem eigenen Körper und dem eigenen biologischen Rhythmus führt, kappen diese Verhütungsmittel die Verbindung zu eben diesem biologischen Rhythmus, indem sie ihn unterdrücken, erzeugen so eine verfremdete Selbstwahrnehmung und entkoppeln uns – das heißt nach wie vor eben die Frauen – so von einer authentischen Körpererfahrung.

Stillschweigend bedeutet dies, die Funktionsweise des männlichen Körpers zur Norm zu erheben und den weiblichen Körper dieser anzugleichen. Die weibliche Biologie erscheint so gegenüber der männlichen als defizitär und in Konsequenz die Frau als defizitärer Mensch. Die gesunden und natürlichen Prozesse im weiblichen Körper werden dabei wie eine Krankheit behandelt.

Diese medikamentöse Unterdrückung gesunder und natürlicher weiblicher körperlicher Vorgänge bewirkt daher nicht nur ein Abtrennen der Frau von ihrem eigenen Körper und dessen natürlichem Tätigsein als solchem, sondern im Besonderen ein Abtrennen von ihrem spezifisch weiblichen Körper und damit ihrem Frausein. Demgegenüber fördert die Natürliche Empfängnisverhütung die Verbundenheit mit dem eigenen Körper und damit der eigenen Geschlechtlichkeit und Identität als Frau.

Ebenso ist der Gebrauch von Kondomen abzulehnen. Wie die auf den Hormonhaushalt einwirkenden Verhütungsmittel umgeht auch das Kondom die zwar zeitintensive – dafür im Fall von Kondomen laut Pearl-Index aber auch sicherere – Beschäftigung mit dem eigenen Körper im Rahmen der Natürlichen Empfängnisverhütung (d. h. der symptothermalen Methode), die eine tiefere Verbundenheit mit diesem und damit der eigenen Geschlechtlichkeit fördert.

Den einzigen Vorteil, den Kondome haben, ist der, dass es mit ihnen schnell geht und man nicht viel dabei denken muss. Gerade das sind aber Eigenschaften, die gerade nicht Verbundenheit fördern, sondern ihr entgegenwirken. Sie fördern einen gedankenlosen und darum unverantwortlichen Umgang mit Sexualität, dem eigenen Körper und dem Partner. Dies beeinträchtigt die Wertschätzung der Sexualität, des eigenen Körpers und des Partners und schwächt auf diese Weise jeweils die Verbundenheit mit ihnen. Je weniger ich etwas wertschätze, desto weniger Wert lege ich auf die Verbindung damit und desto schwächer wird die Verbindung auch infolgedessen.

Das Institut der (einheitlichen und unauflöslichen) Ehe begründet und sichert nicht nur die Verbundenheit der Eheleute untereinander, sondern dient darüber hinaus der Verbundenheit der Kinder mit ihren beiden Eltern, da diese nicht nur indirekt über ihre Kinder miteinander verbunden sind, sondern direkt durch die Ehe. Dies entlastet einerseits die Kinder von der Sorge, ein Elternteil könnte ihnen das andere vorenthalten oder den Zugang beschränken. Ebenso bewahrt die Ehe die Kinder vor der Notlage, zwischen Vater und Mutter wählen zu müssen. Schließlich entlastet die Ehe die Kinder aber auch von der Verantwortung für die Beziehung von Vater und Mutter. Die Kinder müssen nicht dafür sorgen, dass Vater und Mutter zusammen sind, damit sie dann auch mit beiden zusammen sein können. Vater und Mutter sind ohnehin und unabhängig von den Kindern zusammen – durch die Ehe.

Die eheliche Verbindung zwischen ihren Eltern sichert so den Kindern eine möglichst umfassende Verbundenheit mit Vater und Mutter.[2]Dies bedingt auch die ethische Verurteilung von künstlicher Befruchtung, insofern es bei dieser zur Samen- oder Eizellenspende seitens eines Dritten kommt, insofern dies die Verbundenheit des Kindes … Continue reading Daher kommt das Recht der Kinder, in einer Ehe gezeugt/empfangen und geboren zu werden sowie aufzuwachsen. Die exklusive Koppelung sexueller Handlungen an die Ehe rührt insbesondere auch von diesen Bedürfnissen und Rechten der Kinder her.[3]Darüber hinaus dient sie unter anderem dem Schutz der (gerade, aber nicht nur) durch Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit besonders auf Unterstützung angewiesenen Mutter, insofern auf diese Weise … Continue reading Zu diesen Rechten zählt auch das Recht, nicht wie ein Gegenstand im Labor hergestellt zu werden, sondern als ein auf Verbundenheit angelegtes, mit Würde ausgestattetes Wesen aus einer echten Verbindung zweier ebensolcher Wesen hervorzugehen.

Sexualmoral

Dem Zweck, die Verbundenheit der Kinder zu Vater und Mutter zu sichern, dienen auch Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe. Die Einheit der Ehe bewahrt die Kinder vor der Erfahrung, dass ihre Mutter mit einer anderen Frau um die Gunst des Vaters konkurrieren muss (oder der Vater mit einem anderen Mann um die Gunst der Mutter). Die Unauflöslichkeit der Ehe gibt den Kindern die Sicherheit, dass Vater und Mutter auch morgen und nächstes Jahr noch gemeinsam für sie da sein werden. Die Einheit und Unauflöslichkeit der Ehe sind damit nicht nur in sich Kennzeichen der Ehe, sondern auch ein Recht, das die Kinder gegenüber ihren Eltern haben.

Nichts verstößt so radikal und endgültig gegen die Verbundenheit zwischen Mutter und Kind wie eine Abtreibung, also die willentliche Tötung des ungeborenen Kindes. Dies erklärt (zu einem Teil) die kategorische Ablehnung von Abtreibung durch die katholische Kirche. Dies gilt ebenso für Verhütungsmittel mit einer (potentiell auch) abtreibenden Wirkung wie „die Pille“ oder die Spirale.

Fazit: Die katholische Sexualmoral im Vergleich

Während die katholische Sexualmoral also im Dienst der Verbundenheit steht, dient die Moral der sexuellen Revolution einer maximalen Autonomie. Sie basiert damit – ähnlich dem Neoliberalismus im ökonomischen Bereich – auf einem radikalen Individualismus. Dass dieses Streben nach Autonomie – hinter dem letztlich ein Streben nach Kontrolle steht – schlussendlich dem technokratischen Paradigma folgt, wird nirgendwo so deutlich wie bei künstlicher Verhütung, künstlicher Befruchtung und Abtreibung; also in jenen Bereichen, in denen Kinder mittels Technik je nach Wunsch verhindert, hergestellt – und dann ggf. auch verkauft (Stichwort: Leihmutterschaft) – oder vernichtet werden. Das Streben nach Autonomie kommt besonders drastisch zum Ausdruck bei Selbstbefriedigung und Pornographie.

Die Wiedererlangung von ganzheitlicher Verbundenheit verlangt daher notwendigerweise die Wiederaufrichtung des katholischen Ehe- und Familienverständnisses, der katholischen Sexualmoral. Es geht hier, in den Worten Benedikts XVI., um die Beachtung einer „Ökologie des Menschen“, jener Rahmenbedingungen, die für menschliches Wohlergehen unverzichtbar sind.[4]Wie Papst Franziskus in Laudato si Nr. 155 formulierte: „Die Humanökologie beinhaltet auch einen sehr tiefgründigen Aspekt: die notwendige Beziehung des Lebens des Menschen zu dem moralischen … Continue reading

Wie Johannes Paul II. erklärte:

„Die erste und grundlegende Struktur zu Gunsten der »Humanökologie« ist die Familie„.[5]Centesimus Annus Nr. 39

References

References
1vgl. Laudato si 155.
2Dies bedingt auch die ethische Verurteilung von künstlicher Befruchtung, insofern es bei dieser zur Samen- oder Eizellenspende seitens eines Dritten kommt, insofern dies die Verbundenheit des Kindes zu mindestens einem Elternteil untergräbt.
3Darüber hinaus dient sie unter anderem dem Schutz der (gerade, aber nicht nur) durch Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit besonders auf Unterstützung angewiesenen Mutter, insofern auf diese Weise der Vater in besonderem – und nicht rein monetärem – Maße in die Verantwortung für Mutter und Kind genommen wird.
4Wie Papst Franziskus in Laudato si Nr. 155 formulierte: „Die Humanökologie beinhaltet auch einen sehr tiefgründigen Aspekt: die notwendige Beziehung des Lebens des Menschen zu dem moralischen Gesetz, das in seine eigene Natur eingeschrieben ist. Diese Beziehung ist unerlässlich, um eine würdigere Umgebung gestalten zu können.“
5Centesimus Annus Nr. 39